MARIA BILL - I MECHT LANDEN
„I mecht so gern landen, mecht in deiner Nähe bleib'n“. – Ein Lied und ein Stück Wiener Zeitgeschichte. Es ist der sehnsuchtsvolle Versuch von Maria Bill ihr ureigenes Lebensgefühl in einer selbst komponierten Melodie und mit eigenen Worten auszudrücken: ihre Lust, ihre Ängste, ihre Traurigkeit und ihre überbordende Freude, mit der sie ihr Publikum beglückt und im Sturm erobert.
Das war 1983. Diesem ersten Hit sollten noch viele folgen: „Der letzte G'spritzte“, „Kaktus“,“Café de Flore“ „Fluchtachtel“ oder „Jung und schön“. Lieder, die junge Menschen heute neugierig aufhorchen lassen, und die meine Generation zurückbeamen in eine pralle, vielfältig-bunte Szene mit freien Theatergruppen, dem blühenden Schauspielhaus des Hans Gratzer und aufstrebenden österreichischen Popstars – von Marianne Mendt über Ambros und Danzer bis zu – ja eben Maria Bill.
Sie war sofort mitten drin. Mit einer goldenen LP gleich zum Start und sechs weiteren CDs in den folgenden Jahren. Rückblickend lässt sich sagen: mit ihrer speziellen Poesie, der Intensität ihrer Stimme und dem Stil ihrer Lieder hat die Wiener Schauspielerin und Sängerin mit Schweizer Wurzeln ein eigenes Genre geschaffen: Das Austro-Chanson.
Weil es aber immer anders ist, ein Lied zu hören als Sätze nachzulesen, darüber nachzudenken oder Melodien selbst zuspielen und zu singen, ist nur es konsequent, sich ein richtiges Liederbuch mit Noten, Texten und auch Bildern von der Bill zu wünschen.
Wer sie kennt, weiß es: Sie ist kein Kind von Traurigkeit. Mit gebündelter Energie, Fantasie und Leidenschaft stürzt sie sich in alle ihre Projekte und erreicht die Menschen - genau deshalb. Und nun hat sie ihre liebsten Lieder zu Papier gebracht. Beim Durchblättern wird es deutlich: Maria Bill hat „Chansons“ geschrieben wie andere Tagebücher. Diese erzählen zwar nicht ihre Lebensgeschichte, aber sie bilden die Folie aus all den Emotionen, - ihrem Hochgefühl, das in Luftsprüngen explodiert, der Leichtigkeit des Seins und den Sturzflügen, die eine Biografie begleiten.
Maria Bill gibt sich immer ganz. Ob sie nun zu Hause schreibt oder auf der Bühne singt oder sich für eine Idee begeistert: Sie brennt wie eine Kerze, aber an beiden Enden. Bei Jacques Lecoq in Paris hat sie die Kunst ein Clown zu sein gelernt. Und: Sie hat diesen Clown genauso verinnerlicht wie die Seiltänzerin zwischen den Welten. Maria Bill ist und bleibt eine „Artistin unter der Theaterkuppel“, die sich nie scheut auf dem Seil der Gefühle zu tanzen: mit ihrem Spiel, ihrer Stimme, ihren Songs. Sie hat vielleicht Angst, aber die hält sie nicht ab, sich ungebremst auf die Hochschaubahn von Leben und Lieben einzulassen. Das vermitteln ihre Lieder und machen sie so kostbar.
Sibylle Fritsch
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